XII der antwortete: „Das ist die Stadt Innsbruck“ so wäre wohl selbst am Stadtcharakter mit allen ju¬ ridischen Spitzfindigkeiten kaum mehr zu deuteln. Wenn sich dies nun leider nicht mehr feststellen läßt, so bleibt doch die Möglichkeit, die sonstige Verwendung von Ortsbezeichnungen durch Arnold von Lübeck nachzuprüfen. Schon eine rasche Durch¬ sicht zeigt aber, daß er den Ortsnamen eine so reiche Auswahl von näheren Bezeichnungen — wie z. B. civitas, civitas et castrum, civitas et urbs, civitas munita, civitas säncta, civitas capitalis, metropolis, urbs, oppidum, forum, castrum, castel¬ lum, vieus, arx, locus etc. — beifügte, daß es geradezu den Eindruck erweckt, als ob er sich je¬ weils mit besonderem Interesse über den Namen und Charakter des Ortes unterrichtet und diesen danach aufgeschrieben habe. Sollte eine eingehende Untersuchung darüber, für die natürlich hier nicht der Platz ist, die Richtigkeit vorstehender Beob¬ achtung ergeben, so würde dadurch der Wert der Innsbruck betreffenden Stelle wesentlich gesteigert und Bobeks Ansicht gestärkt werden. Eine besondere Beachtung erfuhren zwei Urkun¬ den aus den Jahren 1232 und 1233, von denen die erstere vom Markte Innsbruck, die letztere von der Stadt Innsbruck spricht und den Schluß nahelegt, daß in der Zwischenzeit die Stadterhebung statt¬ gefunden habe. Als aufgezeigt wurde, daß in einer anderen andechsischen Urkunde vom Jahre 1231 der Markt Diessen am Ammersee, der nie eine Stadt war, gleich siebenmal als Stadt (civitas) be¬ zeichnet wurde, verloren auch diese Stücke ihr An¬ sehen (K. Moeser, Tirol. Anzeiger 1931, Nr. 13). Man zog nun die Frage der Ummauerung Inns¬ brucks heran, denn einmal galt die Meinung, daß die Mauer für den Rang einer Stadt wesentlich sei, und andererseits wird in den älteren Geschichts¬ werken ein Stein an der Stadtmauer erwähnt, der eine vierzeilige, lateinische Inschrift enthielt, die nach einer alten übersetzung lautete: Otto der Herzog von Meran, Hat erstlichen gefangen an, Insprugg zur Stadt zu pflanzen, Setzt ihr den Rat und Richter vor, Umgab mit Mauer sie und Tor Und baut allda die Schanzen. Auch diese Inschrift wurde abgelehnt, denn ihrem Geiste nach sei sie erst im 16. Jahrhundert entstan¬ den und da sie Mathias Burglehner um 1600 nicht mehr vorgefunden habe, könne „sie verhältnis¬ mäßig nur sehr kurze Zeit existiert haben“ — eine bei den sonst so langlebigen Steininschriften für die Innsbrucker Stadtgeschichte wirklich peinliche Aus¬ nahme. Aber ein Körnchen Wahrheit kann doch darin stecken. Für die vorliegende Frage wurde merkwürdigerweise bisher der Spruch König Hein¬ rich VII. über das Recht der Befestigung der fürst¬ lichen Städte ddo. Worms, 1. Mai 1231, nicht herangezogen, obwohl die Andechser, „Meramie duces“, als Zeugen dabei waren und er die ver¬ hältnismäßig nahe Stadt Freising betrifft. Darin wird ausgesprochen, daß „jeder Bischof oder Reichs¬ fürst seine Stadt zum Schutze und zur Gefälligkeit des Reiches, wie seiner selbst mit Gräben, Mauern und allem (anderen) befestigen solle und könne“ („civitatem suam debeat et possit .. munire"). Demnach gab es vorher auch unbefestigte Städte und wenn der Andechser auf diesen Spruch hin in seiner Stadt Innsbruck mit der Schutzarbeit be¬ gann, so könnte er tatsächlich in drei Jahren einigermaßen eine Befestigung zustande gebracht haben. Daß es auch unbefestigte Städte gab, wird übrigens im Schwabenspiegel, wie im Reichsland¬ frieden von 1235 ausdrücklich ausgesprochen. Auch lehnt die neuere Städteforschung die Bedeutung der Ummauerung ab. So schreibt z. B. E. Keyser bezüglich der Stadt Danzig: „Ihre Bezeichnung als „civitas“ reicht für ihre Kennzeichnung völlig aus. Das Vorhandensein einer Ummauerung. ist nach den neuesten Ergebnissen der stadtgeschichtlichen Forschung dagegen für eine Stadt nicht wesentlich.“ Zum Beschlusse der Ausführungen über die Frage der Stadterhebung Innsbrucks seien noch ein paar Sätze aus der Arbeit „Stadt und Markt im spä¬ teren Mittelalter“ von Lothar Groß angeführt, die auch wieder für Bobeks Ansicht zu sprechen schei¬ nen: „Wir sehen also, daß die Befestigung als Unterscheidungsmerkmal zwischen Stadt und Marktflecken auch in Österreich vollkommen ver¬ sagt. Da man auch nicht in der Lage ist, durchgrei¬ fende Unterschiede zwischen Städten und Märkten in verfassungs= und verwaltungsrechtlicher Hinsicht festzustellen, ebenso wenig wie auf wirtschaftlichem Gehiete differenzierende Kennzeichen zu finden sind, ergibt sich der Schluß, daß im Wesen ein Unterschied zwischen Stadt und Marktflecken im späteren Mittelalter tatsächlich nicht bestand, zu¬ mal, wenn man sich vor Augen hält, daß manche als Städte bezeichnete Siedlungen nach Umfang und wirtschaftlicher Kraft recht unbedeutend waren und einzelnen größeren Marktflecken an Bedeu¬ tung zweifellos nachstanden .. Es fragt sich, ob nicht in den letzten Jahrhunderten des Mittelalters der Name Stadt mehr den Charakter einer Aus¬ zeichnung als einen rechtlichen Inhalt hatte, ob nicht dadurch der diese Bezeichnung tragende Ort vor anderen gleichartigen ausgezeichnet und her¬ vorgehoben werden sollte.“ Am 9. Juni 1239 hat Herzog Otto VIII. von An¬ dechs das in Innsbruck seit den Zeiten seines Ur¬ großvaters geltende Recht feierlich verbrieft. Diese Stadtrechtsurkunde, das älteste und wertvollste Stück des Stadtarchives, hat folgenden Wortlaut in deutscher übersetzung: „Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit. Otto, von Gottes Gnaden Herzog von Meranien, Pfalzgraf von Burgund. Wir tun kund allen denjenigen, welche vorliegende Urkunde einsehen, daß wir nach vor¬