Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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Verkehrs= und straßenpolizeiliche Vorschriften.
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Bl. Nr. 31, werden zur Hintanhaltung häufig
wahrgenommener Arten der Mißhandlung von Tieren
nachstehende Bestimmungen getroffen.
1.
Die Verwendung von alten, schlecht genährten,
dämpfigen, kraftlosen und übermüdeten Tieren zu
Arbeitsleistungen, die ihre Kräfte übersteigen, ferner
die Verwendung von kranken (in höherem Maße
lahmen, mit offenen Wunden oder Druckschäden gro¬
ßeren Umfanges behafteten) Tieren zu Arbeitsleistun¬
gen überhaupt ist untersagt. Zu Arbeitsleistungen
regelmäßig verwendete Pferde und Rinder müssen den
Terrain= und Witterungsverhältnissen entsprechend
beschlagen sein.
Bei der Notwendigkeit längeren Stehens im
Freien sind solche Tiere — insbesondere gegen Kälte
und Regen — entsprechend zu schützen.
Ein gefallenes Zugtier ist sofort auszuspannen;
es ist unstatthaft, dasselbe im eingespannten Zu¬
stande zum Aufstehen anzueifern.
2.
Das Beladen der Fuhrwerke mit einer zu der
Kraft der Zugtiere und zu dem Zustande, sowie
der Steigung des Weges in keinem Verhältnisse ste¬
henden Last, ist verboten; desgleichen das Führen
von Lasten über abschüssiges Terrain ohne entspre¬
chende Hemmung (Bremsen) des Fahrzeuges.
3.
Die Benützung von kranken, schwachen oder her¬
abgekommenen Hunden, von hochträchtigen oder säu¬
genden Hündinnen während der Dauer dieses Zu¬
standes, der Gebrauch eines Leitseiles, einer Peitsche
oder von Kummeten als Beschirrung beim Hunde¬
fuhrwerk, sowie das Aufsitzen des Begleiters oder
anderer Personen auf das Hundefuhrwerk ist un¬
tersagt.
4.
Zum Transport von Rindern einschließlich der
Kälber, von Schafen, Ziegen, Schweinen mittels
Fuhrwerk dürfen nur Wägen (Schlitten) mit breitem
Boden und senkrecht gestellten, genügend hohen Sei¬
tenwänden verwendet werden. Der Boden ist mit
reiner Streu reichlich zu bedecken. Das Vieh darf
nicht gefesselt und nur in solcher Zahl in die Wägen
und dergleichen aufgenommen werden, daß dieselben
nicht überfüllt werden, die Tiere bequem nebenein¬
ander stehen und auch, ohne Gefahr getreten zu
werden, sich legen können.
5.
Ausnahmsweise, wenn es sich in landwirtschaft¬
lichen oder gewerblichen Betrieben, um den Trans¬
port einzelner Kälber oder Schweine oder um eine
geringe Stückzahl derselben handelt, dürfen diese
Tiere auch gefesselt transportiert werden. Die Fesse¬
lung hat ausschließlich mit mindestens zwei Zentimeter
breiten Hanf=, Tuch= oder Strohbändern derart zu
geschehen, daß hiedurch keine Störung im Blutkreis¬
laufe oder keine Abschürfungen verursacht werden.
— Die Tiere sind auf reichliche Streu oder auf ent¬
sprechende Unterlage nebeneinander bezw. neben an¬
deren Gegenständen, niemals übereinander zu lagern,
so daß sie weder durch die Stöße bei Bewegung des
Fuhrwerkes leiden, noch einander drücken oder in der
Atmung behindern.
Insbesondere darf der Transport niemals der¬
art geschehen, daß Körperteile, namentlich die Köpfe
der Tiere, über die Wagenleitern oder Seitenbret¬
ter herabhängen. Auch ist für entsprechenden Schutz
des Viehes gegen die Unbilden der Jahreszeit und
Witterung während des Transportes vorzusorgen.
Das Belasten solcher Tiere und das Aufsitzen auf die¬
selben ist untersagt. Sogleich bei der Ankunft am
Bestimmungsorte sind die Tiere von den Fesseln zu
befreien.
6.
Die Bestimmungen der vorstehenden Punkte 4
und 5 gelten analog auch für die Beförderung leben¬
den Viehes auf Eisenbahnen und Dampfschiffen.
7.
Kleinvieh und Geflügel ist in Behältern, Stei¬
gen, Käfigen, Körben welche der Luft genügenden
Zutritt gestatten und zwar stets ungefesselt zu besör¬
dern.
Die Behälter dürfen nicht überfüllt werden, der
Boden derselben darf nicht durchbrochen und muß mit
reiner Streu bedeckt sein. Das Tragen von lebenden
Kleinvieh und Geflügel an den gefesselten Füßen
(Flügeln) in solcher Art, daß die Köpfe nach abwärts
hängen, sowie die Beförderung solcher Tiere in Säcken
ist unstatthaft. Außer der Beförderung in Behältern
ist nur das Tragen wagrecht am Arme zulässig und
kann in diesem Falle das Kleinvieh oder das Ge¬
flügel ausnahmsweise gefesselt werden, jedoch nur
mit weichen Bändern oder Tuchenden.
8.
Das Treiben von Vieh hat durch ein mit Rücksicht
auf die Stückzahl auf die Vertrautheit und das
Temperament der Tiere entsprechendes Personale zu
geschehen, mögen die Tiere freigetrieben werden oder
zusammengekoppelt sein.
Zur Koppelung sind starke Stricke oder Ketten
zu verwenden und sind dieselben den Tieren um
den Hals oder die Hörner zu legen, jedoch so, daß keine
Schnürungen vorkommen. Die Verwendung von
Hunden zum Treiben von einzelnen Kälbern ist un¬
tersagt. Ergibt sich die Notwendigkeit Fesselung, so
darf diese nicht derartt geschehen, daß die Tiere an der
Fortbewegung gehindert sind. Als Material zur
Fesselung haben breite Hanfbänder oder Stricke mit
unterlegten starken Tuchlappen zu dienen.
9.
Beim Viehtransport jeder Art ist für entspre¬
chend öfteres Füttern und Tränken der Tiere vorzu¬
sorgen. Schwer kranke oder marschuntüchtige, insbe¬
sonders mit unverheilten Knochenbrüchen behaftete
Tiere dürfen nicht getrieben und nur wenn geeignete
Transportmittel hiezu vorhanden, zum Zwecke der
Schlachtung in andere Orte überführt werden.
10.
Die Schlachtung der Tiere muß regelrecht auf
die schnellste Weise und mit Vermeidung jeder Ro¬
heit geschehen. Bevor nicht der Tod zweifellos ein¬
getreten ist, darf — gleichgiltig, um welche Art von
Schlachtvieh es sich handelt — mit der Herrichtung
oder Aufarbeitung derselben (Abziehen der Haut,
Abbrühen der Schweine usw.) nicht begonnen werden.
Geflügel muß bis zur völligen Verblutung gehal¬
ten werden.
11.
Prozeduren Unberufener (Nicht=Tierärzte) an Tie¬
ren, wenn auch zur Erzielung eines Heilerfolges,
sind als Mißhandlung der Tiere strafbar, wenn sie
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