Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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240
Friedhofs=Ordnung.
§ 30.
Wandgräber im protestantischen und israelitischen
Friedhofe.
Im protestantischen und israelitischen Friedhofe be¬
stehen keine Arkaden mit Gruften, dafür erhalten die
längs der Umfassungsmauer gelegenen Gräber einen
größeren Umfang (Länge 3.25 m, Breite 1.8 m) und
ist es dem Erwerber eines solchen Grabes gestattet, die
Rückwand zur Errichtung eines Denkmales oder Her¬
stellung eines Gemäldes unter der Bedingung zu be¬
nützen, daß das Mauerwerk hierdurch keinen Schaden
leidet.
Für die Benützung eines Wandgrabes ist zu ent¬
richten:
für 25 Jahre K 160
für 50 Jahre „ 240
für unbeschränkte Zeit „ 320
Nachlegegebühr (§ 7) „ 40
§ 31.
Sämtliche in den vorhergehenden Paragraphen auf¬
führten Gebühren gelten nur für jene Personen,
welche innerhalb des Stadtbezirkes mit Tod abgehen,
ferner unabhängig vom Sterbeorte für alle jene, welche
das Recht auf Beisetzung in einer Familiengruft haben
oder eigene Grabplätze besitzen; endlich für jene, welche
hier ihren ständigen Wohnsitz haben, wenn sie auch zu¬
fälliger Weise außer Innsbruck sterben. Für die Bei¬
setzung anderer Leichen, wozu die ausdrückliche Bewil¬
ligung des Magistrates erforderlich ist, ist eine Be¬
gräbnistaxe von 20 Kronen und im Falle der Reser¬
vierung eines Grabplatzes oder einer Gruft die doppelte
Reservierungsgebühr zu entrichten.
S 32.
Jegliches Recht auf eine Gruft oder eine besondere
Grabstelle erlischt, sobald die Verlegung oder Schlie¬
ßung des Friedhofes oder desjenigen Teiles desselben,
in welchem die Gruft oder das Grab liegt, durch die
zuständige Behörde erfolgt. Gegen eine solche Ma߬
regel kann aus dem Rechte auf Benützung einer Gruft
oder eines Grabplatzes kein Einwand erhoben und
keinerlei Entschädigungsforderung oder sonstiger An¬
spruch abgeleitet werden.
§ 33.
Wenn nicht durch Zufall, sondern durch Vernach¬
lässigung der allgemein üblichen Aufmerksamkeit oder
durch Bosheit eine fremde Grabstelle verletzt wird,
so kann vom Beschädiger Schadenersatz verlangt werden.
§ 34.
Alle in Bezug auf Arkaden, Grüfte und Gräber ent¬
stehenden Streitigkeiten, Ansprüche und Einwände wer¬
den vom Stadtmagistrate im verwaltungsrechtlichen
Verfahren entschieden.
Die Betretung des Zivilrechtsweges ist aus¬
geschlossen.
§ 35.
Zur Einhaltung der nötigen Uebersicht und Ordnung
sind vom Magistrate genaue Grabbücher über sämt¬
liche Bestattungen nach beiliegenden Formularien A
und B (A für Arkadengräber, B für Gräber auf den
offenen Leichenfeldern) zu führen.
§ 36.
Die Oberaufsicht über den Friedhof und die Leitung
des Begräbniswesens auf demselben steht dem Bürger¬
meister zu, welcher die unmittelbare Ueberwachung
der Friedhofsanlagen und der dort bestellten Bedien¬
steten, sowie die Führung der im § 35 erwähnten
Grabbücher einem Magistratsbeamten überträgt. Die
Anmeldung zur Erwerbung einer Gruft oder eines
Grabes auf offenem Leichenfelde hat beim Magistrate
zu geschehen.
S 37.
Totengräber.
Der Totengräber wird von der Stadtgemeinde be¬
stellt und bleibt für die pünktliche Befolgung der ihm
nach dieser Begräbnis=Ordnung und der Totengräber¬
Instruktion zustehenden Verpflichtungen für sich und
sein Hilfspersonale verantwortlich.
§ 38.
Beschwerden gegen die mit der Handhabung dieser
Begräbnis =Ordnung betrauten Personen sind beim
Bürgermeister anzubringen und werden von demselben
untersucht und erlediget.
S 39.
Gegen Entscheidungen des Bürgermeisters in Fried¬
hofangelegenheiten steht die Berufung, insoweit selbe
den selbständigen Wirkungskreis der Gemeinde betreffen,
an die autonome höhere Instanz (Gemeinderat, Landes¬
ausschuß), in den Angelegenheiten des übertragenen
Wirkungskreises (§ 4 des Gesetzes vom 30. April 1870)
aber an die k. k. Statthalterei offen.
S 40.
Zur Hereinbringung der in dieser Begräbnis=Ord¬
nung vorgezeichneten Gebühren, sowie jener Auslagen,
welche durch Verzögerung oder durch Saumseligkeit in
Einhaltung der Grüfte und Denkmäler, dann durch
Entfernung der wider oder ohne Bewilligung aufge¬
stellten Monumente oder Verzierungen usw. veranlaßt
werden, steht dem Magistrate laut hohen k. k. Statt¬
halterei=Erlasses vom 4. April 1890, Zl. 7930, das
Recht zu, die politische Exekution in Anwendung zu
bringen.
§ 41.
Diese Begräbnis=Ordnung findet in Hinkunft auch
auf den alten Friedhofsteil Anwendung, insoweit nicht
bereits erworbene Rechte auf Arkaden oder reservierte
Gräber auf den offenen Leichenfeldern hiedurch be¬
rührt werden.
Für die letztbezeichneten Grabstätten bleibt die
Gottesackerordnung vom 1. August 1857 in Kraft.
Stadtmagistrat Innsbruck,
am 1. April 1890.
Der Bürgermeister:
Dr. Falk n. p.