Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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Chronik und Statistik
I
starke Dezimierung der heute zwischen 42 und 60 Jahre
alten Innsbrucker deutlich zu erkennen. Es fehlen die Ge¬
fallenen des zweiten Weltkrieges. Die Gefallenen des ersten
Weltkrieges zeichnen sich noch durch eine leichte Einbuch¬
tung bei den über 70jährigen ab. Eine Pyramidengestalt
ist eigentlich nur mehr im oberen Teil der Zeichnung zu
beobachten.
Die Verlängerung der durchschnittlichen Lebenserwar¬
tung (eine Erscheinung in allen zivilisierten Staaten der
Welt) führt naturgemäß zu einer Überalterung der Be¬
völkerung. In Innsbruck betrug im Jahre 1910 der Anteil
der über 65jährigen vier Prozent. Dieser Anteil ist vor
dem zweiten Weltkrieg auf acht Prozent gestiegen und
hat heute bereits 12,3 Prozent erreicht. Es leben demnach
in Innsbruck 13.700 Personen, die das 65. Lebensjahr be¬
reits überschritten haben, das ist zirka ein Achtel der ge¬
samten Bevölkerung. Dieser Tatsache kommt insofern eine
besondere Bedeutung zu, als diese sogenannte „Überalte¬
rung“ sich in ihren Auswirkungen nicht nur auf demogra¬
phische Tatsachen beschränkt, sondern das gesamte sozial¬
ökonomische und kulturelle Leben der Stadt beeinflußt.
In den Lebensbaum 1968 wurde auch der Familienstand
eingezeichnet. Naturgemäß sind die Angehörigen der unter¬
sten Altersstufen ledig, von ganz wenigen Ausnahmen ab¬
gesehen, auf der weiblichen Seite bis zum 17. Lebensjahr,
auf der männlichen bis zum 19. Lebensjahr. Dann sieht
man in den nächsthöheren Altersjahrgängen, wie durch
Verheiratung die Ledigen immer weniger werden, bis der
Anteil der Ledigen annähernd gleichbleibt. Dagegen sieht
man im steigenden Alter die Zahl der Verwitweten an-
wachsen, und zwar wesentlich stärker beim weiblichen als
beim männlichen Geschlecht. Die Ursachen sind die beiden
Weltkriege, weiters die geringere Sterblichkeit der Frauen
in höheren Lebensjahren und der übliche Altersunterschied
der Ehepaare. Im Jahre 1968 waren 47,9 Prozent der Inns¬
brucker ledig, 41,3 Prozent verheiratet, 7,7 Prozent ver¬
witwet und 3,1 Prozent geschieden. Im Jahre 1910 waren
67,0 Prozent ledig, 29,3 Prozent verheiratet, 5,0 Prozent
verwitwet und 0,7 Prozent geschieden. Der Prozentsatz
der Ledigen ist auch wegen des Fehlens des breiten Pyra¬
midenfußes bedeutend kleiner geworden. Der Anteil der
Verheirateten und Geschiedenen hat eine starke Zunahme
erfahren. Der Anteil der verwitweten Männer hat sich
nicht wesentlich verändert, während der der Witwen
nahezu auf das Doppelte gestiegen ist. Es gibt in Innsbruck
derzeit fast siebenmal so viele Witwen als Witwer.
Auch der Männer- bzw. Frauenüberschuß kann aus die¬
ser graphischen Darstellung entnommen werden. Im Jahre
1910 hatte Innsbruck einen sehr kleinen Frauenüberschuß
— auf 1000 Männer kamen 1011 Frauen —, heute beträgt
das Verhältnis 1000 zu 1105, wobei aber der Frauenüber¬
schuß zur Gänze in den höheren Altersgruppen, ab den
40jährigen, zu finden ist, wiederum eine Folge der Kriegs¬
sterbefälle und der höheren Lebenserwartung der Frauen.
Ein Männerüberschuß ist derzeit in Innsbruck bei den
Ein- bis 40jährigen zu verzeichnen.
2. Natürliche Bevölkerungsbewegung
Die graphische Darstellung zeigt die Bevölkerungsent¬
wicklung in Innsbruck von 1935 bis 1967. Die beiden
Kurven bedeuten die Zahl der Lebendgeborenen und die
der Gestorbenen. Die Differenz zwischen den beiden er¬
gibt den Geburtenüberschuß bzw. den Gestorbenenüber-
schuß. Die strichlierte Linie stellt die Zahl der Eheschlie¬
ßungen dar.
In der Darstellung spiegelt sich deutlich die wirtschaft¬
liche und politische Entwicklung in den 33 Jahren in
Österreich wider. So sieht man in den Jahren zwischen
1935 und 1938, bedingt durch den Geburtenrückgang in
den wirtschaftlich schlechten Jahren, einen beachtlichen
Gestorbenenüberschuß. Mit der Eingliederung Österreichs
ins Deutsche Reich und dem folgenden wirtschaftlichen
Aufschwung stiegen die Geburtenzahlen von 640 im Jahre
1938 auf 1446 im Jahre 1939, und es wurde im Jahre 1942
mit 1816 Lebendgeborenen die höchste Geburtenzahl in
dieser langen Reihe erreicht. Ein neuer Tiefpunkt muß in
den Jahren 1944 und 1945 festgestellt werden, was auch
sofort wieder einen Gestorbenenüberschuß zur Folge hatte.
Doch schon im Jahre 1946 wurde wieder ein enormer Ge¬
burtenüberschuß erreicht, es kamen beinahe doppelt so¬
viel Kinder zur Welt als Personen starben. Wohl waren
in der Nachkriegszeit, also von 1947 bis 1952, die Ge¬
burtenzahlen erneut rückläufig, doch ab 1953 kam es in¬
folge der wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung wieder zu
einem stetigen Ansteigen der Zahl der Lebendgeborenen,
so daß seit 1945 in Innsbruck kein Gestorbenenüberschuß
mehr festgestellt werden mußte.
Wie aus der graphischen Darstellung entnommen wer¬
den kann, ist bei den Eheschließungen beinahe dieselbe
Entwicklung wie bei den Geburtenzahlen festzustellen, da
ja auch die Eheschließungen oft stark von der politischen
und wirtschaftlichen Situation abhängig sind. Die meisten
Ehen wurden im Jahre 1939 (2091 Eheschließungen) ge¬
schlossen, das absolute Minimum konnte im Jahre 1945
mit nur 576 Eheschließungen registriert werden.