Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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10
Chronik und Statistik
I
auch noch im 14. Jahrhundert eine bedeutende Rolle
spielte, zeigte einen vollen Sack im Wappen (d. h. man ein
redendes Wappen!). Eine andere wohlhabende Familie war
die der Pionschilt, die den St.-Nikolaus-Altar in der St.-
Jakobs-Kirche stiftete. Schließlich seien noch die Tallucher,
Amphrauner und Plaetterle erwähnt.
Bezüglich der Herkunft der ersten Stadtbewohner läßt
sich nur rückschließend aus den Zuständen der folgenden
Jahrhunderte annehmen, daß als hauptsächlichste Zuwan¬
derungsgebiete die nähere und weitere tirolische Umge¬
bung und das benachbarte Bayern in Frage kamen. Im
Jahre 1237 wird ein Hermann Swapus = Schwab von Inns¬
bruck genannt. Für die Bestimmung der Bevölkerungszahl
Innsbrucks am Ende des 13. Jahrhunderts ist ebenfalls nur
eine vorsichtige Schätzung möglich. Der Ort dürfte bei
1000 Seelen gezählt haben.
In einer Urkunde von 1187 nennt Herzog Berthold IV.
die Bewohner des neuen Marktes, die sein Vater ange¬
siedelt habe, ausdrücklich Handelsleute = negociatores.
Zweifellos waren also einmal jene Berufe, die sich auf den
Durchzug der Kaufleute, das Umladen der Waren und die
Beherbergung bezogen (wie Aufleger, Fuhrknechte,
Schmiede, Wirte usw.) gut vertreten. Dann natürlich alle
Berufe, die für das tägliche Leben nötig waren, wie Schu¬
ster, Schneider, Zimmerleute usw. Über die Art und den
Umfang des Handelns finden sich einige wertvolle Nach¬
richten in den Aufzeichnungen des Bozner Notars Jacob
Haas aus dem zweiten Halbjahr 1237. Diesen zufolge
herrschte bereits ein reger Handel mit Bozner Wein.
Das Stadtwappen
Das älteste Stadtsiegel, von dem nur ein Stück bekannt
ist, hängt mit einer grün-violetten Schnur an einer Perga¬
menturkunde des Wiltener Stiftarchivs, mit der Abt Wit-
mar dem Ludwig Füllsack Güter übergibt. Das Siegelbild
zeigt die Innbrücke — die damit erstmals also auch als
Stadtwappen erscheint — in der Draufsicht mit drei
beiderseits zugespitzten Pfeilern (= Steinkästen). Das Was¬
ser ist durch Wellenlinien angedeutet. Schon 1282 erscheint
ein zweites Siegel, bei dem Wellen fehlen und die Stein¬
kästen nur mehr an einer Seite zugespitzt sind (nämlich
an der, von der der Inn kommt, und sich das Wasser an
der Spitze teilt, also der Westseite). Der Originalstempel
ist noch im Landesmuseum Ferdinandeum erhalten. (Ab¬
drücke davon in Kupfer, als Briefbeschwerer, stellt der
Goldschmied Norz her). Seit dem 14. Jahrhundert zeigt
das Siegel nur mehr zwei Steinkästen.
Gemeindeordnung im Mittelalter
Erstmals im Jahre 1315 gab es einen Stadtrat, ein von
den Bürgern gewählter Bürgermeister erst seit 1370. Vor¬
her war das Oberhaupt der Stadt ein vom Landesfür¬
sten bestellter Richter. Solche sind bereits am Ende des
13. Jahrhunderts nachweisbar. Im Jahre 1263 wird ein
Zöllner zu Innsbruck erwähnt und alsbald ein großer und
ein kleiner Zoll.
Das 14. Jahrhundert brachte den weiteren Ausbau der
Stadt, besonders im Gebiete der Neustadt. Gleich außer¬
halb des aus der Altstadt führenden Neustadttores wurde
als Altersheim wie auch zur Aufnahme kranker Pilgrime
ein dem Heiligen Geist geweihtes Spital errichtet. Im Jahre
1307 bittet Herzog Heinrich die Geistlichkeit seines Ge¬
bietes, den Boten des Heiliggeistspitales, das noch wenig
dotiert sei, liebevoll aufzunehmen und mit Almosen zu
bedenken. Dieses Spital — dessen restaurierte Kirche in
der Maria-Theresien-Straße heute noch viel besucht
wird — versah seinen Dienst bis zur Eröffnung des neuen
Krankenhauses im Jahre 1888.
Um die Mitte des 14. Jahrhunderts besteht bereits das
Rathaus mit einer neuen Brotbank. Wahrscheinlich baute
man auch schon am Stadtturm. Gassennamen werden erst¬
mals genannt, wie die Peyerergasse, welche ihren Namen
von einem dort befindlichen Keller des Klosters Benedikt¬
beuren (in der Nähe des Kochelsees) herleitet und der
heutigen Schlossergasse entspricht, oder die Rumergasse,
die jetzige Hofgasse, und die Kirchgasse, die zur Pfarr¬
kirche führt.
Am Ende des Jahres 1326 fanden wichtige politische Be¬
sprechungen zwischen Kaiser Ludwig dem Bayern und
Herzog Friedrich dem Schönen über die Bedingungen einer
gemeinsamen Regierung statt.
Im Jahre 1333 suchte ein verheerender Brand den Stadt¬
teil am linken Innufer heim, 1340 soll ein in Wilten aus¬
gebrochenes Feuer auf die Stadt übergegriffen und sogar
die St.-Jakobs-Kirche zerstört haben. Schon in der ersten
Hälfte des Jahres 1342 brach ein neues Großfeuer aus,
das auch die Holzteile der Wehrgänge zerstörte. Herzog
Ludwig der Brandenburger, der zweite Gemahl der Herzo¬
gin Margarethe — die Maultasch genannt —, gewährte
der Stadt eine neunjährige Steuerbefreiung zur Behebung
der Brandschäden. Nach diesen Verlusten an Wohnungen,
Einrichtungsgegenständen und Hausrat wurde die Bevölke¬
rung im Jahre 1348 von der einen Großteil Mitteleuropas
durcheilenden Beulenpest heimgesucht. Welche Verluste die
Stadt dadurch erlitt, ist leider unbekannt.
Nachdem Herzogin Margarethe am 26. Jänner 1363 ihr
Land den Herzogen von Österreich übergeben hatte, kam
Herzog Rudolf IV. am 10. Februar nach Innsbruck, um
die Huldigung der Bürger entgegenzunehmen. Als Mitte
August 1363 der Herzog zu Hall beinahe einer Adels¬
revolte zum Opfer gefallen wäre, trugen die eiligst mit
Waffen zu Hilfe eilenden Innsbrucker wesentlich zu seiner
Befreiung bei. Mitte Oktober kam Rudolf IV. mit einem
ansehnlichen Gefolve in der Stadt, um den Bürgern „als
ein billiger Erkenner empfangenen Gutes“ seinen Dank
abzustatten.
In der Folgezeit versuchten die Bayern mehrmals, Tirol
mit Waffengewalt in ihre Hand zu bringen. Mitte Dezem¬
ber 1363 brachen bayrische Truppen wahrscheinlich über
Scharnitz in das Inntal ein und verwüsteten alle erreich¬
baren Siedlungen. Nur die Städte Innsbruck und Hall
leisteten erfolgreichen Widerstand und konnten nicht ein¬
genommen werden, bis die harte Winterkälte die Belagerer
zum Abzüge zwang. Auch im Jahre 1368 fielen sie noch
einmal ein und drangen sogar bis über den Brenner vor.
Die Haltung des Abtes Konrad von Wilten, der zu jener
Zeit von den Innsbruckern in der Sill ertränkt wurde, ist
nicht völlig durchsichtig. Herzog Leopold III. deckte näm¬
lich diese Untat und erklärte, daß der Abt gegen ihn und
seine Lande „gräßlich und schwerlich wider seine Treue
und Ehre getan“ habe. Er dürfte also wohl bayernfreund¬
lich gewesen sein. Welchen militärischen Beitrag die Inns¬
brucker für den Kampf Herzog Leopolds mit den Eid¬
genossen leisteten, bei dem er in der Schlacht bei Sempach
im Juli 1386 mit vielen Rittern bekannter Südtiroler Ge¬
schlechter das Leben verlor, konnte bisher nicht festgestellt
werden.
Residenzstadt des Reiches
Im 15. Jahrhundert erfährt Innsbruck einen mächtigen
Aufschwung. Dank seiner günstigen geographischen Lage
und des stets zunehmenden Brennerverkehrs, der nicht
zuletzt mit dem aufkommenden Bergsegen zusammen¬
hängt, überflügelt es die alte Landeshauptstadt Meran,
übernimmt deren Rang und wird zur Residenzstadt der
ober- und vorderösterreichischen Lande. Herzog Friedrich
mit der leeren Tasche (gest. 1439) schlägt hier bald nach
seiner Auseinandersetzung mit seinem Bruder Erzherzog
Ernst dem Eisernen und der Festigung seiner Macht im
ganzen Lande sein ständiges Hoflager auf. Er bewohnt
den sogenannten Neuhof — zum Unterschied gegen die
alte Ottoburg —, der aus zwei Friedrich von Fleanitz, sei¬
nem Hofmeister, gehörigen und am Stadtplatz gelegenen
Häusern erbaut wurde. Es ist das Haus mit dem Goldenen
Dachl, das der Herzog der Sage nach zum Hohn für seine
Spötter errichtet haben soll. Der um die Innsbrucker
Stadtgeschichtsforschung hochverdiente Kustos Konrad
Fischnaler sah eine Bestätigung dieser Erzählung in einer
Nachricht aus dem Jahre 1471, da der Innsbrucker Gold¬
schmied, Meister Heinrich, zu einer Dachreparatur heran¬
gezogen wurde. Das Goldene Dachl in seiner heutigen
Gestalt, als reichverzierter Prunkerker, wurde im Jahre
1500 von König Maximilian als ein Ruhmeszeichen für
die Entwickulng des Hauses Habsburg und Sinnbild des